Netzwerktreffen: Wenn sich Macher*innen austauschen
Die Grüne Bürgerenergie (GBE) setzt bei ihren Projekten auf den Erfahrungsaustausch zwischen afrikanischen und deutschen Partnern. Ende Mai organisierte die GBE ein Netzwerktreffen ihrer deutschen Partner. Drei Dutzend Teilnehmer*innen diskutierten über Energiegenossenschaften, Bildungsprogramme und wie sie CO2-Zertifikate für Investitionen in afrikanischen Ländern nutzen könnten. Fortsetzung folgt.
Um erneuerbaren Energien und den damit verbundenen Lösungen auf breiter Basis zum Durchbruch zu verhelfen, muss man an sehr vielen unterschiedlichen Stellschrauben drehen. Das weiß kaum einer besser als die deutschen Partner der GBE, die sich seit vielen Jahren in Deutschland für eine grüne und nachhaltige Stromgewinnung engagieren. Umso wichtiger ist der regelmäßige Austausch untereinander. Das zeigte sich einmal mehr auf dem ersten deutschen Netzwerktreffen, das die GBE am 25. Mai 2022 ausgerichtet hat.
Auf dem dreistündigen digitalen Treffen diskutierten die Teilnehmer*innen in vier Foren zu den Themen Rahmenbedingungen, Erneuerbare Energien, Energiegenossenschaften, Aus- und Fortbildung aus. Nach knapp einer Stunde kamen die Teilnehmer*innen wieder im Plenum zusammen, um die Ergebnisse der unterschiedlichen Foren zu erfahren. Danach starteten sie eine zweite Runde in den Foren.
Am Anfang brachte die Energiebeauftragte Bärbel Höhn Chancen und Herausforderungen für eine afrikanische Bürgerenergie auf den Punkt. Ohne lokal generierte Energie können zum Beispiel afrikanische Landwirte weder ihre Felder kostengünstig bewässern noch Obst oder Gemüse trocknen, Fische und Fleisch kühlen, Mikro-Unternehmen betreiben, so Bärbel Höhn: „Energie ist die Voraussetzung für eine lokale Wertschöpfung und damit eine Zukunft in ihrer Heimat.“
„Ohne Frauen kriegen wir das nicht hin“
Erneuerbare Energien sind jedoch nur dann eine Lösung, sofern sie nachhaltig genutzt werden. „Wir brauchen also ein gutes Betreibermodell, man muss auch in der Lage sein, Dinge zu reparieren, die lokale Bevölkerung muss beteiligt, lokales Wissen aufgebaut werden“, sagte sie zur Eröffnung des Netzwerktreffens.
In Deutschland haben viele Bürgerinitiativen das Betreibermodell der Genossenschaft gewählt, auch weil es im Land eine lange Tradition und ein gut entwickeltes Genossenschaftswesen gibt. In Afrika ist dieses Modell – mit Ausnahme von Äthiopien – nicht so stark verankert. „Hier brauchen wir alternative Lösungen. Und wir müssen dafür sorgen, dass Frauen in diesen Gremien Sitz und Stimme haben, denn ohne Frauen kriegen wir den Wandel nicht hin“, sagte Bärbel Höhn.
Bevor die Teilnehmer*innen sich in den Foren trafen, wiederholte GBE-Leiterin Elina Weber ihr Angebot, die deutschen Partner mit afrikanischen Partnern zu vernetzen und eine etwaige Zusammenarbeit zu unterstützen.
Vier Foren – viele Ideen
Jedes Forum eröffneten ein bis zwei GBE-Partner, indem sie über ihre Zusammenarbeit mit afrikanischen Unternehmen und Institutionen berichteten. So wollen Prof. Dr. Elmar Steurer von der Hochschule Neu-Ulm und die Ugandan Christian University digitale Lernmethoden mit Hilfe von solaren Mini-Grids im ländlichen Uganda einführen. Diese digitale Curricula könnte die künftigen Erwachsenen in die Lage versetzen, in der Zukunft erneuerbare Energien und digitale Lösungen besser nutzen zu können.
CO2-Zertifikate – Treiber für Investitionen?
Eine wichtige Fragen für Betreiber ist, wie sie ihre Investitionen refinanzieren. CO2-Zertifikate könnten dafür künftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Elmar Steurer untersucht zusammen mit der GBE, inwieweit CO2-Zertifikate für die Finanzierung von Mini-Grids genutzt werden können. In die gleiche Richtung denkt die Stadt Mannheim. Sie will in Kürze ein Projekt starten mit dem Ziel, dass Mannheimer Unternehmen ihre CO2-Kompensationen leisten können, indem sie in erneuerbare Energieprojekte der Stadt Mannheim investieren.
„Noch sind wir in der Sondierungsphase. Doch es gibt diese Investitionen und das Interesse, die eigene Klimabilanz zu verbessern. Wir wollen, dass die Mannheimer Unternehmen das mit uns machen“, sagt Stephanie Oechsner. Eine Rolle wird dabei die Höhe des CO2-Preises pro Tonne spielen, aber auch die Kosten der Zertifizierung. „Bei Kleinanlagen ist das noch schwierig“, sagte Stefan Eibisch von der GBE, zumindest legen das die Erfahrungen nahe, die die GBE und das Spin-Off-Unternehmen Solar Cooling Engineering von Victor Torres Toledo gemacht haben.
Von Verband zu Verband
Eine ganz andere Art der Zusammenarbeit treibt der BSW – Bundesverband Solarwirtschaft e.V. in Namibia voran. „Wir unterstützen den namibischen Solarverband REIAoN mit dem Ziel, dass dieser sich mit ländlichen Akteuren besser vernetzen kann“, sagt Rainer Upmann, Referent für Kommunikation beim BSW. Noch hat der Verband rund zwei Dutzend Mitglieder, vornehmlich Solarunternehmen mit weißen Eigentümern und Sitz in Windhoek. Im ländlichen Raum gibt es sehr viele, zumeist kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe mit schwarzen Eigentümern.
Probleme mit dem Zoll
Im Forum zur produktiven Nutzung stellten zahlreiche Teilnehmer ihre Projekte vor. Victor Torres Toledo von Solar Cooling Engineering berichtete von seinen Aktivitäten mit der Strathmore University, die inzwischen 3.000 (!) Techniker*innen für Solaranwendungen ausgebildet hat. Gefördert aus dem Kleinprojektefonds der GBE hat die kenianische Universität ein Training zu solarer Kühlung entwickelt, das Fachleute dazu ausbildet, solarbetriebene Kühlräume und Kühlschränke selbst zu projektieren und zu bauen. Das Training ist jetzt so nachgefragt, dass die Strathmore University den marktüblichen Preis von 280 Euro pro Training verlangen kann.
Die Idee von Hermann Schuten vom Internationalen ländlichen Entwicklungsdienst ist es, in Uganda Windräder möglichst aus Materialien und mit Handwerkern von vor Ort zu entwickeln und das Wissen als Open Source- Handbuch allen zugänglich zu machen, die Ähnliches vor haben.
Viele deutsche Projekte haben das Problem, in ihren Partnerländern Materialien durch den Zoll zu bekommen, ohne ein Vermögen investieren zu müssen. Mit der Corona-Pandemie sind die Steuereinnahmen noch einmal eingebrochen. Daher erhöhen viele Länder ihre Zollgebühren. Hier ist geplant, sich weiter auszutauschen.
Von Solarkoffern und Sommerschulen
Wer wissen will, wie Kommunen die Energiewende für lokale Wertschöpfung und Unabhängigkeit von Energieimporten nutzen können, für den kann sich eine Reise nach Wildpoldsried in Bayern lohnen. Dort generieren knapp 300 Photovoltaikanlagen von privaten Eigentümern so viel Strom, dass die Gemeinde nahezu energieautark ist. Die Macher*innen in dem Energiedorf interessieren sich jedoch nicht nur für das eigene Wohl. Vielmehr hat der Zweite Bürgermeister Günter Mögele zusammen mit Willi Kirchensteiner und Manfred Wolf einen Solarkoffer konzipiert und ein darauf abgestimmtes Ausbildungsprogramm für afrikanische Nutzer*innen konzipiert.
Die ersten dieser Koffer übergab der ehemalige Entwicklungsminister Gerd Müller an afrikanische Berufsschullehrer*innen, die 2019 in Wildpoldsried eine 14-tägige Ausbildung durchlaufen haben. Über dieses Engagement berichtete Günter Mögele im Forum Ausbildung. Das fand Elmar Steurer so spannend, dass er auf dem Netzwerktreffen seinen Besuch mit den ugandischen Teilnehmer*innen seiner Summer School ankündigte. Genau für einen solchen Austausch war das Netzwerktreffen gedacht.